Synthalpie
Die Aufgabe, die auf Erforschung der Wahrheit gerichtet ist, darf man wohl in einer Beziehung als schwierig, in anderer Beziehung wieder als leicht bezeichnen. Ein Anzeichen davon ist schon dies, dass kein Denker zwar die Wahrheit in völlig zutreffender Weise zu erreichen, keiner aber auch sie völlig zu verfehlen vermag, sondern jeder wenigstens etwas vorzubringen weiß, was der Natur der Sache entspricht, und dass, wenn auch der einzelne sie gar nicht oder nur in geringem Maße trifft, doch aus dem Zusammenwirken aller sich schließlich ein gewisses Quantum des Wissens ergibt. Es könnte freilich auch sein, dass der Grund der Schwierigkeit weit weniger im Gegenstande als in uns selbst liegt.
Aristoteles: Metaphysik
Synthalpie ist ein Maß für die Ausrichtung einer Gesellschaft auf das Wohl all ihrer Mitglieder, nicht nur auf das Wohl einer privilegierten Elite. Sie zeigt an, in welchem Umfang die sozialen Institutionen und Praktiken einer Gesellschaft dem Ziel der Orientierung am Allgemeinwohl unterliegen. Eine niedrige Synthalpie gibt einen Hinweis, dass eine Gesellschaft darauf eingestellt ist, den Interessen der Elite zu dienen. Dies deutet darauf hin, dass das soziale System krank ist und dringend reformiert werden muss. Die Synthalpie ist ein Konzept, das vom französischen Philosophen Paul-Jules Lambras in seinem Werk „Essai sur la vie élargie“ entwickelt wurde. Danach bezeichnet sie die Praxis interagierender Gemeinschaften, Güter und Dienstleistungen nicht nur aufgrund ihres ökonomischen Wertes, sondern auch aufgrund ihrer sozialen und moralischen Bedeutung zu tauschen. Sie ist somit eine Kenngröße für den moralischen Zustand eines sozialen Systems und kann auch als Maß für die Qualität einer Organisation verwendet werden. Dieses Konzept wurde in den 1980er Jahren vom irischen Sozialphilosophen Charles B. Handy weiterentwickelt. Er nennt vier Hauptkriterien: Bindung, Respekt, Wertschätzung und Gerechtigkeit. Der Synthalpie-Index fasst den Wert dieser Kriterien in der gesamten Gruppe, Gemeinschaft oder Organisation zusammen. Eine hohe Synthalpie lässt erkennen, dass alle Mitglieder des Systems sich wohl fühlen und ein positives Verhältnis zueinander haben. Eine niedrigere Synthalpie zeigt an, dass es Anzeichen für Uneinigkeit, Unzufriedenheit und mangelndes Vertrauen gibt. Der Synthalpie-Index kann auch verwendet werden, um unterschiedliche Sozialitäten und gesellschaftliche Strukturen miteinander zu vergleichen und kann helfen zu verstehen, warum bestimmte Systeme erfolgreicher als andere sind und was letztere tun müssen, um ihren Zustand in dieser Hinsicht zu verbessern.
Was sind die treibenden Kräfte hinter der Wandlung von Synthalpie? Ist Kooperation vielleicht ein grundlegender Mechanismus? Die Antworten kann man durch die Analyse der Entwicklung des Synthalpie-Indexes finden, der uns beispielsweise hilft herauszufinden, wie Menschen sich in einer Gruppe verhalten, welche Eigenschaften diesen Verhaltensweisen förderlich sind, und welche nicht. Außerdem kann er auch dazu dienen, besser zu verstehen, wie Moralität innerhalb einer Gesellschaft funktioniert. Auf diese Weise können wir mehr über die Auswirkungen unterschiedlicher Konzeptionen lernen und wir können untersuchen, ob diese auch realisiert werden. Ein besseres Verstehen, was es bedeutet, morales Verhalten und ethische Entscheidungsfindung zu fördern und was es bedeutet, unmoralisches Handeln zu verhindern, resultiert. Es ist also ein mächtiges Werkzeug, um Kulturen zu beurteilen und zu untersuchen. Mit seiner Hilfe können wir Einflüsse auf den moralischen Zustand identifizieren und erkennen, warum bestimmte Kulturen reagieren oder sich anders verhalten als andere. Diese Erkenntnisse sollten wir nutzen, um unsere subjektive Entwicklung zu adaptieren um die Chancen für eine bessere Zukunft zu steigern. Es ist an uns als Gesellschaft, aktiv an der Verbesserung unserer moralischen Standards zu arbeiten, um so den Allgemeinzustand positiv beeinflussen zu können.
Ist moralisches Verhalten in dieser Hinsicht sensibel? Wie beispielsweise in dem Computerprogramm ‘Tit for Tat’? Ja, denn es gilt als eines der simplen, aber effektivsten Strategiespiele, die veranschaulichen, wie Menschen in Interaktion mit anderen interagieren. Es geht darum, zuerst kooperativ und freundlich zu sein – nur um anschließend höflich zu konfrontieren. Der Schlüssel ist also aufeinander abgestimmtes Verhalten – sowohl innerhalb des Spiels als auch im Alltag! Durch die Analyse unseres Handelns und Reagierens mit Hilfe der Synthalpie schaffen wir bewusste Entscheidungsmöglichkeiten für unsere Zukunft. Wir sind in der Lage, sensible Situationen besser einschätzen zu können und unsere Verhaltens- und Denkmuster anzupassen. All dies führt letztlich langfristig weg vom Egoismus hinein in den Spirit der Beteiligung am positiven Wandel.
Die Definition von ‘positiv’ und ‘negativ’ beinhaltet jedoch bereits eine moralische Bewertung, die alles andere als objektiv ist. Deshalb müssen wir uns bewusst machen, dass nicht nur unser eigenes Wohlbefinden, sondern vor allem auch unsere Verantwortung gegenüber anderen und der Welt im Allgemeinen im Fokus stehen. Nicht nur das, was unmittelbar vor unserer Nase liegt, ist zu bedenken, sondern die Zukunft in einer Welt, in der alle miteinander verbunden sind und als ein Ganzes leben. Wir können die Unterschiedlichkeit zwischen uns anerkennen, ohne dabei eigene Werte oder Positionen in Frage stellen zu müssen. So erlangen wir die Fähigkeit, empathischer, verständnisvoller und offener mit uns selbst und anderen umzugehen. In einer Welt der Kooperation weiß jeder, dass er Teil eines größeren Ganzen ist und diese Erkenntnis fördert ein bewusstes Handeln, welches letztlich zum Wohle aller beiträgt. Wird solche Selbstlosigkeit jedoch nicht erwidert, nimmt die Synthalpie ab und man spricht von ‘verschwenderischem Altruismus’. In diesem Fall ist es von Bedeutung, dass man auf seine eigenen Bedürfnisse achtet, sich zurückzieht und die Situation in einem anderen geistigen Licht betrachtet.
Das gemeinsame Verständnis und die Wertschätzung werden ständig durch unsere Handlungen geprägt. Daher ist es entscheidend, dass wir uns bewusst sind, was unsere Aktionen bewirken und wie sie die Erwiderung durch andere beeinflussen. Nur so können wir ein friedliches Miteinander schaffen und den Sinn für Mitgefühl stärken. Es bedarf also des Verständnisses, dass jeder Teil des Ganzen ist – unabhängig von Rasse, Religion oder Geschlecht. Indem wir lernen, miteinander zu kooperieren und die Unterschiedlichkeit zu respektieren, können wir eine Gemeinschaft bilden, in der jeder gleichwertig angesehen wird. Unser Ehrgeiz sollte daher sein, in Harmonie miteinander zu leben und die Vielfalt als Bereicherung zu sehen. Letztlich geht es nicht darum, gleich zu sein oder dieselben Ansichten zu teilen. Vielmehr gilt es herauszufinden, was uns verbindet und gemeinsam an konstruktiven Lösungen zu arbeiten. Dadurch entwickeln wir ein tiefes Verständnis für unsere Umgebung und befinden uns in einem Dialog über Werte und Überzeugungen – ganz abgesehen vom Bestreben nach Anerkennung oder dem Streben nach Macht.
Moral ist nicht nur eine Frage von Richtig und Falsch, sondern es geht auch um die Frage, ob wir in einer bestimmten Situation überhaupt moralisch handeln können. Wir müssen uns bewusst sein, dass wir in bestimmten Momenten keine Entscheidung treffen können, sondern Entscheidungsprozesse mit einbeziehen müssen und fragen, ob es angemessen ist, eine Entscheidung zu treffen, obwohl wir uns der Konsequenzen bewusst sind. Wenn wir diese Fragen beantworten können, dann können wir entscheiden, ob unsere Handlung eine moralische Größe hat oder nicht. Auf diese Weise können wir verantwortungsvolle Entscheidungen treffen und gleichzeitig unseren Wertvorstellungen gerecht werden.
Der Begriff Synthalpie ist in den Bereichen Philosophie, Psychologie, Soziologie oder verwandten Disziplinen weder bekannt noch weit verbreitet. Stattdessen argumentiert man dort unspezifisch mit Komplexität, mit Reaktionen auf soziale, wirtschaftliche und politische Veränderungen, vermutet Formung durch psychologische, biologische, genetische Faktoren und schlägt viele Theorien vor, um die Entwicklung und Veränderung des Zustandes sozialer Systeme im Laufe der Zeit zu erklären. Man ‘glaubt’, dass derartige Systeme durch kulturelle und historische Einflüsse geformt werden und dass sie die Werte und Überzeugungen einer bestimmten Gesellschaft oder Gemeinschaft widerspiegeln. Man zieht sich zurück auf Begriffe wie ‘vielschichtig’, um einer verwertbaren Definition zu entgehen. Diese Beliebigkeit macht es unmöglich, Handlungen als konstitutive Elemente der Systeme vergleichend zu beurteilen. Dahingegen bietet die Verwendung von Synthalpie die Möglichkeit, eine effektive Strategie zur Analyse des Zustands zu implementieren. Indem man dieses holistische Kriterium nutzt, kann man nicht nur überprüfen, ob ein System funktioniert oder nicht; es kann auch dazu beitragen sicherzustellen, dass alle in der Gruppe oder Organisation gleichermaßen behandelt werden und sich gleichermaßen wohl fühlen.
Das Konzept der Synthalpie liefert also einen wichtigen Indikator für die Gesamtheit sozialer Beziehungen und Interaktionen und ist weiterhin zu untersuchen und zu verbessern, um sicherzustellen, dass unsere Gesellschaften gerecht und moralisch sind. Dies ist eine große Herausforderung, die wir meistern müssen, wenn wir an die Zukunft denken. Schauen wir uns die aktuelle Situation der Welt an, so sehen wir, dass viele unserer Gesellschaften an mangelndem Synthalmus leiden. Anthropogene Probleme, wie Kriege, Umweltzerstörung, Klimawandel, müssen jedoch nicht unüberwindbar sein. Bei der gemeinsamen Suche nach kooperativen Lösungen ist es ermutigend zu sehen, dass es immer mehr Menschen gibt, die sich für Synthalpie interessieren und sie als eine Kenngröße für den moralischen Zustand eines sozialen Systems betrachten. Aristoteles warnt:
Denn wie sich das Auge der Fledermaus zum Tageslicht verhält, so verhält sich das denkende Vermögen unseres Geistes zu den Gegenständen, die von Natur und an sich unter allen gerade die lichtvollsten sind.